Freitag, 19. März 2010


Ich denke, es wird Zeit, mal etwas über meine neue Arbeitsstelle zu schreiben.

Die Schulwoche dauert hier in Saudi-Arabien von Samstag bis Mittwoch. Donnerstag und Freitag sind also Wochenende und Freitag Vormittag ist allgemeine „Prayer time“, so dass man in der Millionenstadt fast völlig alleine im Auto und auf den Straßen unterwegs ist. Ein seltsames Gefühl...

Der Unterricht beginnt morgens um 7.40 Uhr und erst etwa 5 Minuten vor dem Klingeln kommen die meisten Schüler (und Lehrer) mit den Compoundbussen an. Bevor die Deutsche Schule vor ein paar Jahren auf das Gelände der französischen Schule gezogen ist, dauerte die Schule nur bis 11 Uhr, doch musste man sich nach dem Umzug an die französischen Busse anpassen, was mal wieder zeigt, dass eigentlich die regionalen Busunternehmen die Schulpolitik machen ;-) Nun arbeiten wir bis 14 Uhr und anschließend noch in AGs bis 16 Uhr.

Die Klassen sind unterschiedlich groß. Klasse 5 hat beispielsweise momentan 5 Schülerinnen und 3 Schüler, die Klasse 9 – in der ich Klassenlehrer bin - besteht aus zwei Jungen und drei Mädchen. Interessant ist, dass es eigentlich kaum „reine“ Deutsche an der Schule gibt, sondern Kinder aus der ganzen Welt hier lernen: Ägypten, Türkei, Philippinen, Polen, Österreich, Senegal, Süd-Afrika, USA und sogar aus Saudi-Arabien. Da mag der Deutschlehrer manchmal verzweifeln, aber was die Fremdsprachenkenntnisse anbelangt, so haben die Kinder hier ein (meines Erachtens) wirklich gutes Sprachgefühl und hohes Niveau. Auch der alltägliche Umgang mit anderen Kulturen ist hier ganz problemlos und selbstverständlich. So lerne auch ich fast täglich neue Dinge aus und über andere Kulturen der Erde.

Die kleinen multikulturellen Lerngruppen machen es aber auch nicht immer ganz einfach. Zum einen haben wir natürlich in manchen Klassen alle Schulformen vertreten, so dass der Unterricht und die Arbeiten differenziert konzipiert werden müssen. Zum anderen fordern die einzelnen Kinder auch mehr Aufmerksamkeit vom Lehrer als in Deutschland: zum Beispiel müssen Arbeitsanweisungen scheinbar immer „persönlich“ (und mehrmals) ausgesprochen oder längere Erzählungen über außerunterrichtliche Ereignisse zugelassen und anschließend gebührend gewürdigt werden.

Erstaunt bin ich, wie hoch konzentriert in der 7. Stunde hier die Schüler noch arbeiten können, wie interessiert sie sind und … wie wenig sie von Deutschland wissen. Aber vielleicht ist das in Deutschland ja auch so. Ich merke es nur jetzt hier, weil ich ja auch ein wenig Geschichte und Gemeinschaftskunde unterrichte.

Es ist für mich als Französischlehrer natürlich toll, nun auch Teil der französischen Schule zu sein. Nicht nur, dass man mittags in deren Kantine sehr gut isst (ohne Wein!), ich von der sehr gut ausgestatteten Bibliothek (CDI) der Nachbarschule profitiere oder man ja in den Pausen ständig ein Französischbad auf dem Schulhof nehmen kann. Auch sind die Kollegen dort sehr kooperativ, so dass wir beispielsweise in der 10.Klasse ab und zu gemeinsam den Sportunterricht machen, unser Kindergarten und die Grundschule an der französischen Sportwoche teilnehmen oder sich meine 9. Klasse einmal im Monat mit einer "Troisième" der Franzosen über landeskundliche Aspekte (Musik, Filme, Regionen) austauscht.

Was auch neu ist für mich, ist das Arbeiten in der Grundschule. Jeweils zwei Stunden Sport in der Klasse 2 und der 3/4, sowie zwei Stunden das Fach „Zirkus“ für die Klassen 2/3/4 zusammen, in denen die Kinder Einradfahren, Laufkugel, Jonglieren, Akrobatik und anderes beigebracht bekommen und alles am Ende des Schuljahres im Rahmen eines Zirkusabends der Schulgemeinschaft vorführen. Der Unterricht in der Grundschule ist auf alle Fälle sehr anstrengend für mich, weil sich jedes Kind in den Sportstunden einfach nur bewegen will (nur leider halt jedes Kind anders und nach dem eigenen Kopf...) und mir fast alle Kleinen dabei eigentlich auch die ganze Zeit (irgend)etwas erzählen möchten ;-)

Ich denke, Ihr habt nun einen kleinen Einblick in mein "neues" Arbeitsleben erhalten. Wer noch mehr über die Schule wissen möchte, kann ja mal hier vorbeischauen:www.dsr.edu.sa.

Das nächste Mal werde ich über meine privaten Aktivitäten und Bekanntschaften berichten und schreiben, was man hier unter der Woche und am Wochenende eigentlich so macht...

Alles Gute!

5 Kommentare:

  1. Gott sei Dank, er arbeitet doch! ;-)

    Hey Jörg,
    das liest sich wieder herrlich, danke dafür!
    5 Schüler klingt super - 3 Leistungsstärken in einer Klasse klingt weniger gut. Aber du bist sicher flexibel genug, um damit umzugehen. Und jetzt auch noch Kontakt zu den Franzosen - ja, geht's denn besser?
    Ich freue mich für dich, dass du gut klar kommst, was nichts daran ändert, dass wir dich hier vermissen.

    Im Norden leider nichts Neues...

    Gruß,

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  2. Ähem... hast du da echt einen Adventskranz auf dem Kopf??

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  3. Hallo Jörg,

    nach ewiger Zeit melde auch ich mich mal zu Wort! Ich bin ein sehr interessierter Drenkelfort-Leser und habe deine Berichte fasziniert zu Kenntnis genommen. Dein neuester Eintrag über das Schulleben war für mich besonders spannend zu lesen. Deine Schulwirklichkeit unterscheidet sich momentan in der Tat sehr massiv von der meinen. Es freut mich übrigens sehr, dass Du nun auch in den Kreis der Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrer eingetreten bist!!!
    Ich wünsche dir weiterhin eine gute Zeit!
    Es grüßt ganz herzlich aus Darmstadt
    Frank

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  4. Hey, der April ist fast rum...wir erwarten den neuen Bericht ;-)

    Viele Grüße aus dem grünen Deutschland, Katrin

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  5. Hallo, Jörg, interessante Impressionen aus einer fremden Welt. Es freut mich, dass Du Dich offensichtlich dort wohl fühlst - kein Wunder, da Du dem männlichen Teil der Bevölkerung angehörst.
    Auf den nächsten Bericht bin ich gespannt. Hier haben wir uns durchs schriftlche Abitur gekämpft (weißt Du noch, wie das ist?) und durch die Eisheiligen gezittert. Uschi SD

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